Eine Anleitung zur Quarantäne von Hans Hirsch

Stellen wir uns kurz folgende Situation vor: Ein Aquarianer, der zu Hause ein 200-Liter-Aquarium besitzt, betritt ein Zoofachgeschäft, um sich mit Futter für seine Fische zu versorgen. Bei der routinemäßigen Durchsicht der Verkaufsanlage entdeckt er plötzlichen die Fische, den er sich schon immer einmal anschaffen wollte. Der Verkäufer ist auch gleich zur Stelle und gib bereitwillig über einige Details Auskunft. Die Fische machen einen gesunden und vitalen Eindruck und passen von den Anforderungen her perfekt zu dem Fischbesatz zu Hause. Dem Aquarianer-Glück steht also nichts mehr im Wege. Mit den Fischen zu Hause angekommen beginnt dann sogleich die Eingewöhnungsprozedur. Zuerst den Beutel ins Aquarium gehängt, um die Temperatur langsam anzugleichen, dann langsames Angleichen durch Einfüllen von Beckenwasser in den Transportbeutel. Nach einer halben Stunde dann der große Moment: die Fische werden mit einem Kescher vorsichtig aus dem Beutel ins Aquarium überführt. Alles richtig gemacht, denn man ist ja schließlich Profi!?? Nun folgen ein paar Tage kompromissloser Freunde an der neuen Fischgesellschaft – alles ist harmonisch und schon fast zu schön. Am darauf folgenden Sonntagmorgen dann der eiskalte Hammer, der das Wochenende eines jeden Aquarianers in Sekundenschnelle zum aquaristischen Supergau werden lässt: unsere Fische sind krank!!!! Etwa die Hälfte aller Fische haben kleine weiße Pünktchen und sehen gar nicht mehr so toll aus. Sofort wird erkannt: wir haben uns eine Ichthyo-Seuche eingehandelt – man ist ja Profi.
Was soll uns diese kleine Geschichte sagen?

  1. Auch gesund aussehende Fische können einen nachhaltigen Effekt auslösen und
  2. Am Sonntag hat kein Zoohändler geöffnet um einem Profi-Aquarianer ein Mittel gegen Ichthyo zu verkaufen.

Aber wir können uns trösten, denn so schlimm, wie es sich liest, ist es ja nicht, denn es trifft ja immer nur die Anderen??? Für alle, die das nicht glauben, hier ein paar Tipps, wie man es besser machen kann.

Sehr häufig werden in Zoofachgeschäften, Bau- und Discountmärkten sogenannte Einsteigersets zum Superschnäppchenpreis angeboten. Diese 60 cm Aquariensets sind die idealen Quarantänebecken. Fast alles, was für eine professionelle Quarantäne benötigt wir, ist in diesen Sets vorhanden:

  1. ein Becken mit einem Netto-Wasserinhalt von 50 Liter (wichtig bei der Dosierung von Medikamenten)
  2. eine Abdeckung mit Beleuchtung
  3. eine regelbare Heizung in der Stärke von 50 Watt (wichtig bei der Wärmetherapie)
  4. Ein ausreichender Filter
  5. ein Thermometer
  6. ein Käscher

Was uns jetzt zu unserem Glück noch fehlt ist ein kleines Handbuch über Fischkrankheiten oder eine Produktfibel über Medikamente gegen Zierfischkrankheiten (gibt es im Zoofachhandel von mehreren Firmen kostenlos) und natürlich – kranke Fische.
Auch heute ist eine Quarantäne zur Verhinderung und Behandlung von Fischkrankheiten für neue Fische immer noch die erste Wahl. Zugegeben, es ist unbequem eine Quarantäne durchzuführen, aber nur so können wir uns vor größeren Schäden an unserem Kleinbiotop im Wohnzimmer effektiv schützen. Jede Behandlung von Krankheiten im eingerichteten größeren Aquarium kostet ein Vielfaches an Medikamenten und bringt unkontrollierbare Nebeneffekte mit sich, durch die bei der Behandlung in Mitleidenschaft gezogenen Biokulturen im Filter und im Boden. Eine notwendige Behandlung im Quarantänebecken ist kostengünstiger und viel genauer, denn es gibt keine unbekannten Störfaktoren, die eine Therapie erschweren oder gar den Erfolg verhindern. Ein Quarantänebecken muss nicht im Wohnzimmer stehen, sonder findet gegebenenfalls auch im Keller oder im Abstellraum Platz, zumal es ja nur zeitlich begrenzt zum Einsatz kommt.

Ein kleiner Tipp zum Schluss: Unsere Fischuntersuchungsstelle gibt gerne Auskunft und Hilfestellungen bei der Erkennung und Behandlung von Zierfischkrankheiten. Aquarianer, die Krankheitssympthome an ihren Fischen im Quarantänebecken der Untersuchungsstelle schildern, werden natürlich sofort als echte Profis erkannt mit dem gebührenden Respekt von den Fachleuten vom Zierfisch Club Bremen e.V. behandelt.
Ich hoffe, dass ich hiermit dem einen oder anderen Aquarianer der alten Schule in Punkto „Quarantäne“ den Rücken gestärkt habe und vielleicht dazu beitragen kann, Neueinsteigern den rechten Weg zu weisen. Unsere Fische werden uns ein umsichtiges Handeln sicher danken denn ich habe gehört, dass Aquarienfische auch nur einmal Leben!